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Finnland ist berühmt für seine Wälder und Seen, und die Finnen genießen ihre natürlichen Schätze gerne durch Ferien im eigenen Land. Finnen schätzen auch ihre Privatsphäre, und würden deshalb nicht davon träumen ihre Sommerferien in einem Hotel oder einer Pension zu verbringen. Stattdessen gibt es hier eine große Ferienhüttenkultur. Es gibt ca. eine halbe Million Ferienhütten (“mökki” auf Finnisch) in Finnland, und fast jeder Finne besucht mindestens einmal im Jahr eine solche. Dieser Ferienhüttenboom begann um die Mitte des letzten Jahrhunderts herum, als es in Mode kam sich ein kleines Sommerhäuschen irgendwo abgeschieden an einem See oder beim Meer zuzulegen. Nich nur wohlhabende Familien, sondern so gut wie jeder, der irgendwoher ein Stückchen Land in die Finger bekommen konnte, baute eine solche und verbrachte viele Wochenenden und Sommerferien in vollkommener Ruhe und Abgeschiedenheit in den finnischen Wäldern.

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Bis heute ist es ein großer Traum vieler Finnen eine Ferienhütte an einem hübschen, ruhigen Ort zu besitzen. Viele Familien besitzen selbst eine Hütte, aber es gibt auch viele, die zur Miete angeboten werden für die, die keine haben. Heute gibt es die Ferienhütten in allen Größen und Formen: von sehr einfachen ohne Elektrizität und fließendes Wasser, bis hin zu villenartigen Häusern mit mehreren Terassen und Saunas. Aber ein paar Dinge haben sie alle gemeinsam: Kein Finne, der etwas auf sich hält würde eine Hütte ohne Sauna und Kaminfeuer bauen, sowie einem Platz um Holz zu hacken und aufzubewahren. Und wenn eine Hütte direkt am See oder dem Meer liegt, dann wird dort auch ein Bootssteg und ein Boot zu finden sein. Ein typischer Tag in der Ferienhütte könnte zum Beispiel Bootfahren, Beeren sammeln, und Holz hacken beinhalten, sowie definitiv einen Saunagang, und eventuell Reparaturen und Saubermachen rund um die Hütte. Ich habe auch schon Leute gehört, die diese Urlaube als Arbeitslager bezeichnen.

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Natürlich gibt es bei so vielen Ferienhütten im Land kaum noch welche, die wirklich allein und abgeschieden sind. Wer Glück hat, der hat eine gesamte kleine Insel für sich selbst, aber im Normalfall sieht man trotzdem eine handvoll weiterer Hütten am Ufer verstreut. Aber es gibt inzwischen auch ganze Feriendörfer, die sich ins Inland erstrecken, mit mehreren hundert Metern Fußweg bis zur Küste (unmöglich!). Aber in den meisten Fällen hat man trotzdem noch leicht seine Privatsphäre. Nicht alle fahren zur gleichen Zeit zu ihrer Hütte – außer am Mittsommerwochenende, an dem sich Städte in Geisterstädte verwandeln und jeder aufs Land zieht – und Finnen sind von Natur aus sehr ruhige Leute, so dass er Friede meist ungestört bleibt.

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Diesen Sommer besuchten wir verschiedene Ferienhütten. Eine davon war eine große, luxuriöse, nicht weit von Helsinki. Das Haus lag direkt an einem großen See, den wir natürlich mit dem Boot erkundeten. Wir versuchten eine der kleinen Inseln darin zu erobern, aber es stellte sich heraus, dass auch hier eine Ferienhütte stand, und so schlichen wir unentdeckt schnell zurück zum Boot. Wir kämpften uns auch durch den Wald, was sich hier oft als eher schwierig gestaltet. Schon seit einigen Jahren wird versucht die finnischen Wälder in einen natürlichen Zustand zurückkehren zu lassen, indem nicht in den Wald eingegriffen wird und auch totes Material nicht entfernt wird. Dadurch ist an vielen Stellen dichtes Unterholz, und oft ist ein Durchkommen unmöglich. Ich hatte gehofft in dieser Wildnis Blick von Elchen oder Flughörnchen zu erhaschen, aber wenig überraschend sahen wir nichts dergleichen.

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Die andere Hütte gehörte der Familie vom Deckel, eine kleine, sehr einfache und charmante Hütte, die erst seit etwa 15 Jahren über eine Straße zu erreichen ist. Sie liegt direkt am Meer und ist in etwa so abgelegen wie es heute noch möglich ist. Als wir ankamen halfen wir zuerst die Fischnetze einzuholen, und den Fisch zu säubern, räuchern und grillen, welchen wir dann zu Mittag- und Abendessen, sowie zum nächsten Frühstück aßen. Am Nachmittag gingen wir in den Wald um Heidelbeeren zu pflücken. Es stellte sich heraus, dass dies nicht ganz so kostenlos ist, wie ich immer dachte, sondern mal bezahlt mit Blut. Wir trugen lange Kleidung und Moskitonetze, aber auch das half nicht viel – die Mücken fraßen jeden Zentimeter von mir den sie zwischen die Zähne kriegen könnten. Nach einer Stunde hatten wir einen halben Eimer gepflückt und flohen so schnell wie möglich aus dem Wald. Wir ruderten dann noch etwas auf dem Meer herum, mit dem kleinen Boot, das natürlich zur Hütte gehört, wo sich noch mehr Mücken zum ausländischen all you can eat Buffet einluden.

Wieder bei der Hütte angekommen bestand der Deckel darauf Holz zu hacken (es war genügend vorhanden, aber er wollte trotzdem) und wir begannen die Sauna zu heizen. Während wir warteten, bis sie heiß genug war, konnten wir einen Schneehasen vor der Hütte beobachten. Leider war er etwas schüchtern, und so konnte ich nur seine fliehende Rückseite mit der Kamera einfangen. Zwischen den Saunagängen gingen wir dann auch im Meer schwimmen, was doch recht kalt war.

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Da es in der Hütte weder Strom noch fließend Wasser gibt ist die einzige Möglichkeit eine heiße Dusche zu haben nach dem Saunagang: Über dem Saunaofen ist ein großer Wassertank, in welchem Meerwasser während der Sauna aufgeheizt wird. Danach mischt man das Wasser mit frischem Meerwasser und duscht sich mit dem Eimer. Als der Deckel versuchte den Wasserhahn des Tanks aufzudrehen löste sich dieser jedoch und flog durch den Raum, gefolgt von einer Fontäne kochend heißen Wassers, welches den Boden der Sauna in brühheiße Suppe verwandelte. Wir sprangen aus dem Raum und versuchten noch einen Eimer unter dem Hahn zu platzieren, um wenigstens ein bisschen des heißen Wassers aufzufangen, wodurch wir am ende eine lauwarme Katzenwäsche genießen konnten.

Danach traten wir den Rückzug in die Hütte an: draußen war schönstes Wetter, die Sonne senkte sich langsam in warmen Farben, aber leider gefiel dies auch den Mücken. Ich begann meine Stiche zu zählen, was sich als unmöglich herausstellte, aber eine ungefähre Hochrechnung brachte mich auf um die 70. So saßen wir dann drinnen und starrten auf die wunderschönen Farben draußen, kratzten uns wie räudige Hunde und versuchten die einsame Mücke, die es ins Haus geschafft hatte, zu erlegen.

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